Carbonitrieren: Ein Verfahren zur Oberflächenhärtung von Stahl

Das Carbonitrieren ist ein thermochemisches Verfahren zur Oberflächenhärtung von Stahl und Eisenwerkstoffen. Es kombiniert die Diffusion von Kohlenstoff und Stickstoff in die Oberfläche des Werkstücks, um eine harte und verschleißfeste Schicht zu erzeugen. Diese Methode wird häufig in der Automobilindustrie, im Maschinenbau und in der Werkzeugherstellung eingesetzt, um Bauteile widerstandsfähiger gegen Abrieb, Verschleiß und Ermüdung zu machen.

Was ist Carbonitrieren?

Das Carbonitrieren ist ein spezielles Verfahren zur Oberflächenhärtung, bei dem das Werkstück in einer kontrollierten Atmosphäre erhitzt wird. Bei diesem Prozess diffundieren Kohlenstoff und Stickstoff in die äußere Schicht des Metalls, um eine harte Randschicht zu erzeugen, während der Kern des Werkstücks relativ weich und zäh bleibt. Diese Kombination aus harter, verschleißfester Oberfläche und einem duktilen Kern macht das Werkstück besonders widerstandsfähig gegenüber mechanischen Belastungen.

Der Prozess ist eng verwandt mit dem Nitrieren und Einsatzhärten, unterscheidet sich jedoch durch die gleichzeitige Einbringung von Kohlenstoff und Stickstoff in die Metalloberfläche.

Schritte des Carbonitrierens

  1. Erwärmen des Werkstücks: Das zu härtende Metall, meist Stahl, wird in einem Ofen auf eine Temperatur zwischen 700 °C und 900 °C erhitzt. Diese Temperaturen liegen im Bereich des Austenitgebietes, in dem das Material seine Mikrostruktur verändert, um Kohlenstoff und Stickstoff in die Oberfläche aufzunehmen.
  2. Diffusion von Kohlenstoff und Stickstoff: Während der Erwärmung wird das Werkstück in einer kontrollierten Gasatmosphäre gehalten, die aus Ammoniak (NH₃) und einem kohlenstoffhaltigen Gas, wie Propan oder Methan, besteht. Durch die Zersetzung dieser Gase diffundieren sowohl Kohlenstoff als auch Stickstoff in die Metalloberfläche.
  3. Abschrecken: Nach der Diffusion wird das Werkstück in einem Abschreckmittel, in der Regel Öl oder Gas, rasch abgekühlt, um die Bildung von Martensit in der gehärteten Randschicht zu fördern. Dies führt zu einer sehr harten, verschleißfesten Oberfläche.
  4. Anlassen: In einigen Fällen wird das Werkstück nach dem Abschrecken erneut erhitzt (Anlassen), um Spannungen abzubauen und die Zähigkeit des Kerns zu erhöhen, ohne die Härte der Oberfläche wesentlich zu verringern.

Vorteile des Carbonitrierens

Das Carbonitrieren bietet mehrere Vorteile, die es zu einem beliebten Verfahren in der industriellen Fertigung machen:

  1. Erhöhung der Oberflächenhärte: Das Carbonitrieren erzeugt eine sehr harte Oberfläche, die widerstandsfähig gegen Verschleiß und mechanische Beanspruchung ist. Dies macht Bauteile, die einer hohen Reibung ausgesetzt sind, langlebiger.
  2. Verschleißfestigkeit und Ermüdungsbeständigkeit: Durch die Härte und Zähigkeit der behandelten Bauteile verbessert das Carbonitrieren die Verschleißfestigkeit und schützt das Werkstück vor vorzeitigem Versagen durch Materialermüdung.
  3. Geringes Verzugspotenzial: Im Vergleich zu anderen Härteverfahren, wie dem Einsatzhärten mit Öl-Abschreckung, verursacht das Carbonitrieren weniger Verzug, da die Prozesstemperaturen niedriger sind und die Behandlung hauptsächlich die Oberfläche betrifft.
  4. Kosteneffizienz: Da der Carbonitrierprozess relativ kurze Zykluszeiten hat und auch bei einfacheren, weniger hochlegierten Stählen anwendbar ist, ist er kosteneffizienter als einige andere Oberflächenhärteverfahren.
  5. Verbesserte Korrosionsbeständigkeit: Die Stickstoffanreicherung in der Oberflächenschicht verbessert nicht nur die mechanischen Eigenschaften, sondern erhöht auch die Korrosionsbeständigkeit der Bauteile, was sie für harsche Umgebungen besser geeignet macht.

Anwendungsbereiche des Carbonitrierens

Das Carbonitrieren wird in vielen verschiedenen Industrien angewendet, in denen Bauteile mit hoher Oberflächenhärte und gleichzeitig guter Zähigkeit gefragt sind. Typische Anwendungsbereiche sind:

  • Automobilindustrie: Zahnräder, Wellen, Nocken und andere Antriebskomponenten werden carbonitriert, um ihre Verschleißfestigkeit zu erhöhen und ihre Lebensdauer unter hoher Beanspruchung zu verlängern.
  • Maschinenbau: Bauteile wie Führungen, Lager und mechanische Komponenten, die im Maschinenbau extremen Reibungskräften und Druckbelastungen ausgesetzt sind, profitieren von der harten und verschleißfesten Oberfläche, die durch das Carbonitrieren entsteht.
  • Werkzeugherstellung: Hochbeanspruchte Werkzeuge wie Bohrer, Fräser oder Schneidwerkzeuge werden carbonitriert, um deren Standzeit zu verlängern und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Abrieb und Verschleiß zu verbessern.
  • Getriebe- und Antriebstechnik: Bauteile in Getrieben oder Kupplungen, die hohen Reibungsbelastungen ausgesetzt sind, werden durch das Carbonitrieren widerstandsfähiger gemacht.

Unterschied zu anderen Härteverfahren

Das Carbonitrieren unterscheidet sich von ähnlichen Verfahren wie dem Einsatzhärten oder Nitrieren vor allem durch die gleichzeitige Einbringung von Kohlenstoff und Stickstoff in die Oberflächenschicht. Während beim Einsatzhärten hauptsächlich Kohlenstoff diffundiert und beim Nitrieren Stickstoff, führt das Carbonitrieren zu einer Mischung aus beiden. Dadurch erhält das Werkstück eine Kombination aus Härte und Zähigkeit, die für einige Anwendungen vorteilhaft ist.

Im Vergleich zum Nitrieren sind die Prozesstemperaturen beim Carbonitrieren höher, was zu einer tieferen Einhärtung führt. Im Unterschied zum Einsatzhärten ist der Carbonitrierprozess schneller und verursacht weniger Verzug.

Fazit zum Carbonitrieren

Das Carbonitrieren ist ein vielseitiges und effizientes Verfahren zur Oberflächenhärtung, das die mechanischen Eigenschaften von Stahlbauteilen erheblich verbessert. Die Kombination aus Kohlenstoff- und Stickstoffdiffusion führt zu einer harten, verschleißfesten und korrosionsbeständigen Oberfläche, während der Kern des Werkstücks seine Zähigkeit und Duktilität beibehält. 

Diese Eigenschaften machen das Carbonitrieren zu einem idealen Verfahren für Bauteile, die hohen Belastungen ausgesetzt sind und eine lange Lebensdauer erfordern. Dank der Kosteneffizienz und der Flexibilität ist es in vielen Industrien weit verbreitet und unverzichtbar für moderne Fertigungsprozesse.

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